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Übermäßiges Selbstvertrauen von CEOs ist nicht immer eine schlechte Sache, so die Forschung

Übersteigertes Selbstvertrauen von CEOs ist nicht immer schlecht für Unternehmen, sondern hängt von der jeweiligen Situation ab. Das zeigen neue Forschungs­ergebnisse von Marc Kowalzick und Jan-Philipp Ahrens von der Fakultät BWL der Universität Mannheim, zusammen mit Jochim Lauterbach von der Technischen Universität München und Yi Tang von der Hong Kong University.

Ihrer Studie zufolge kann ein übermäßig selbstbewusster CEO die Turnaround-Leistung eines Unternehmens entweder fördern oder behindern, je nachdem, ob es sich bei diesem um den Amtsinhaber handelt, der das Unternehmen in eine schwierige Lage gebracht hat, oder um einen Nachfolger, der während des Niedergangs eingestellt wurde.

Es hat sich immer wieder gezeigt, dass CEOs als Hauptentscheidungs­träger ihrer Unternehmen einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung ihrer Firmen haben. Das bedeutet, dass das Erreichen bestimmter Ergebnisse für das Unternehmen bis zu einem gewissen Grad von den persönlichen Dispositionen des CEO abhängt, davon, wie er die anstehende Aufgabe wahrnimmt und interpretiert, und davon, wie er strategische Entscheidungen trifft, erklären die Forscher.

Sie definieren Selbstüberschätzung als die systematische Überschätzung der eigenen Fähigkeiten und die Unterschätzung unsicherer, negativer Ergebnisse. Frühere Forschungen haben gezeigt, dass CEOs, die diese Voreingenommenheit an den Tag legen, mit negativen Ergebnissen für Unternehmen in Verbindung gebracht werden können, wie z. B. Investitions­verzerrungen, überhöhte Übernahmeprämien oder übertriebene Gewinnprognosen.

„Es gibt jedoch eine rätselhafte Diskrepanz zwischen der Theorie und der Forschung über das Selbstvertrauen von CEOs, bedenkt man, dass viele Firmen CEOs mit einer überzogenen Einschätzung ihrer eigenen Fähigkeiten an die Spitze stellen, während sie die verschiedenen negativen Aus­wirkungen dieser Art von Verhalten auf Organisationen dokumentieren“, sagt Kowalzick.

Die Forscher­gruppe interessierte sich vor allem dafür, wie sich das Selbstvertrauen der CEOs auf die Unternehmens­leistung in Turnaround-Situationen auswirkt, welche sie als erhebliche Krise eines Unternehmens definiert, das früher zufriedenstellende Leistungen, insbesondere in Bezug auf die Rentabilität, erbracht hat, dies aber nicht mehr tut.

Um zu untersuchen, ob sich das übermäßige Vertrauen des CEO negativ oder positiv auf Unternehmen auswirkt, die einen Turnaround-Prozess durchlaufen, analysierten sie Daten zur Unternehmens­leistung und zum Selbstvertrauen des CEO bei 240 Unternehmen aus dem S&P 1500 Index aus den Geschäftsjahren 1992-2016.

Ihre Ergebnisse zeigen, dass CEOs mit übertriebenem Selbstvertrauen für die Turnaround-Leistung eines Unternehmens von Vorteil sein können, wenn sie der Nachfolger sind, der das Schiff in die richtige Richtung lenken soll. Wenn jedoch der amtierende CEO, der das Unternehmen in die Krise getrieben hat, übermäßig selbstbewusst ist, wird diese Überzeugung die Leistung wahrscheinlich nur verschlechtern.

„Die Sanierung eines Unternehmens ist eine geheimnisvolle Management­kunst, die manchmal sogar als 'schwarze Magie' bezeichnet wird, weil schon kleine Abweichungen vom Weg zur Wiederherstellung der organisatorischen Gesundheit zu einem sicheren Scheitern führen können“, sagt Ahrens.

Übermütige CEOs könnten der Turnaround-Performance schaden, wenn sie den Widerstand gegen ihre derzeitige strategische Ausrichtung ignorieren oder versuchen, den Niedergang des Unternehmens zu überstehen. Andererseits könnten sie die Turnaround-Leistung fördern, indem sie mutige Visionen für die Erholung des Unternehmens formulieren, die die Interessen­gruppen beruhigen und die Mitarbeiter in einem Umfeld stärken, das energische Entscheidungen belohnt, erklären die Forscher.

Indem sie zeigen, dass übermäßiges Selbstvertrauen bei einem Amtsinhaber in Turnaround-Situationen schädlich ist, während es bei einem Nachfolger unter solchen Umständen vorteilhaft ist, heben die Forscher hervor, dass es bei der Ablösung eines CEO um mehr geht als um eine herkömmliche Neuanpassung von CEO-Eigenschaften, um aktuellen Herausforderungen zu begegnen.

Da sich ein und dasselbe Attribut bei amtierenden und nachfolgenden CEOs unterschiedlich auswirken kann, scheint der CEO-Wechsel die Art und Weise zu beeinflussen, wie sich bestimmte Verhaltensweisen und Einstellungen in den Ergebnissen der Organisation niederschlagen.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Eigenschaften neu eingestellter CEOs häufig denen ihrer Vorgänger ähneln, sofern die Umstände nicht eine Änderung erfordern, stellen diese Er­kenntnisse einen Gegensatz zu früheren Studien über CEO-Wechsel dar, da sie zeigen, dass die Einsetzung eines neuen CEOs mit ähnlichen Einstellungen wie der seines Vorgängers zuweilen fruchtbar sein kann.

Die Forscher unterbreiten mehrere Vorschläge für Unternehmen, die sich in einer Umbruchsituation befinden. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Einstellung eines übermütigen Nachfolgers eine kluge Entscheidung sein kann, da sie offenbar positive Reaktionen von Interessen­gruppen hervorruft.

„Doch während ein solches 'gutes Selbstvertrauen' ein Unternehmen weit bringen kann, wenn die Ziele eines übermütigen CEOs erreicht werden, scheint eine erhöhte Wachsamkeit des Vorstands notwendig zu sein, wenn dies nicht der Fall ist, da der CEO aufgrund seiner Einstellung besonders anfällig dafür ist, sein eigenes Versagen falsch einzuschätzen“, sagt Lauterbach.

Nach Ansicht der Forscher könnte es möglich sein, die Anfänge dieses „schlechten Selbstvertrauens“ zu erkennen. Wenn sich ein Unternehmen der Selbstüberschätzung seines CEOs bewusst ist, was bei Amtsantritt immer häufiger eingeschätzt wird, sollte bereits aufmerksam auf erste Anzeichen einer Krise geachtet werden. So kann beispielsweise die Ernennung eines aktiven Vorsitzenden über dem CEO ein Rezept für frühe Krisen sein, falls der Vorstand sich nicht nach einem Ersatz umschaut, erklären sie.

Die Studie liefert auch wichtige Er­kenntnisse für die künftige Forschung zu diesem Thema. Insbesondere scheinen buchhalterische und markt­basierte Messgrößen der Unternehmens­leistung unterschiedlich auf die beiden Hauptmethoden zur Messung der Selbstüberschätzung des CEO in der bisherigen Literatur zu reagieren.

Die erste Messmethode ist der options­basierte Ansatz, der auf der Idee beruht, dass ein durchschnittlicher, unvoreingenommener CEO in-the-money Aktienoptionen für sein Unternehmen rechtzeitig ausüben sollte, um die Abhängigkeit seines persönlichen Vermögens von der Leistung seines Unternehmens zu minimieren.

Ein Übermaß an Selbstvertrauen sollte jedoch einige CEOs dazu veranlassen, ständig Optionen zu halten, die weit im Geld liegen, in der Überzeugung, dass ihr Unternehmen angesichts ihrer überlegenen Fähigkeit, den Unternehmens­wert zu steigern, unterbewertet ist. Diese Art der Analyse führt zu signifikanten und robusten Ergebnissen, die sich ausschließlich auf die buchhalterische Leistung beziehen, so die Forscher.

Die Darstellung von CEOs in der Presse ist das andere Schlüsselmaß für Selbstüberschätzung, das mit der Analyse der markt­basierten Leistung verbunden ist. Die Daten können beispielsweise erhoben werden, indem man untersucht, wie oft Begriffe wie „zuversichtlich“, „Vertrauen“ oder „optimistisch“ in der Wirtschafts­presse verwendet werden, um einen CEO zu beschreiben.

Die Forscher erklären, dass diese Art der Bewertung auf Hindernisse stoßen kann, weil CEOs ihren Eindruck in den Medien oft sorgfältig steuern, um ein sorgsam konstruiertes professionelles Image zu schaffen. Daher kann das Pressebild eines CEOs manchmal eine irreführende Fassade sein, die sich nicht zuverlässig in der buchhalterischen Leistung widerspiegelt.

Nichtsdestotrotz stellen die Forscher fest, dass der Eindruck des Markts vom Unternehmens­wert mehr durch die Presseeindrücke und weniger durch die Erfolgsbilanz des CEOs bei der Ausübung von Optionen bestimmt wird. Aus diesem Grund raten sie künftigen Forschern, die Art und Weise, wie sie die Unternehmens­leistung und die Selbstüberschätzung des CEO messen, sorgfältig auf ihre Forschungs­frage abzustimmen.

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