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IMU Frühjahrstagung 2022

Marketing und Vertrieb im Zeichen der Nachhaltigkeit

Am 31. März 2022 lud das Mannheimer Institut für Markt­orientierte Unternehmens­führung (IMU) zu seiner alljährlichen Frühjahrstagung mit dem Thema „Marketing und Vertrieb im Zeichen der Nachhaltigkeit“ ein. Im Mittelpunkt stand dabei der rege Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft.

Nachdem die letztjährige IMU Frühjahrstagung coronabedingt in digitaler Form durchgeführt wurde, konnte sie in diesem Jahr wieder im Rittersaal der Universität Mannheim stattfinden. Wissenschaft­ler und Manager namhafter Unternehmen referierten branchen­übergreifend über das Thema Nachhaltigkeit und dessen Einfluss auf den Bereich Marketing und Vertrieb. Im Anschluss an ihre Vorträge beantworteten die Referenten darüber hinaus interaktiv Fragen aus dem Publikum. Die Eröffnung und Moderation der IMU Frühjahrstagung übernahm Frau Prof. Dr. Sabine Kuester, Professorin für Marketing & Innovation an der Universität Mannheim und Direktorin des IMU.


Referenten 2022


Als erster Redner führte Prof. Dr. Fred Lemke, Professor für Marketing und Sustainability an der Vlerick Business School, die Teilnehmer durch die Entwicklung des Themas „Marketing and Sales in the Light of Sustainability“. Dabei stellte er heraus, dass Sustainability nicht nur einen aufstrebenden Trend im akademischen Diskurs mit jährlich steigenden Publikations­zahlen darstellt, sondern dass auch Kunden Nachhaltigkeit immer stärker priorisieren. Diesbezüglich könne ein tieferes Kunden­verständnis rund um das Thema Nachhaltigkeit zunehmend als Schlüssel zum Erfolg gesehen werden kann. Anstatt „Greenwashing“ zu betreiben, solle Nachhaltigkeit eine gezielte Ver­markt­ung von nachhaltigen Produkten darstellen, die ein positives Kunden­erlebnis schaffen. Dabei wies Herr Prof. Lemke nachdrücklich darauf hin, dass ein kunden­inspirierter Entwicklungs­prozess, bei welchem der Kunde über die Wertschöpfungs­kette hinweg in den Mittelpunkt rückt, einer Umstrukturierung im Unternehmen bedarf.

Aber kann eine solch starke Fokussierung und Umstrukturierung eines Unternehmens nicht zu Mehrkosten ohne Mehrwert führen? Dies widerlegte Stefan Haver, Head of Sustainability bei der Evonik Industries AG, indem er anhand von Evonik eindrucksvoll zeigte, dass das Thema Nachhaltigkeit nicht nur ökologisch und sozial wichtig ist, sondern auch finanz­iell lohnend sein kann. Dementsprechend biete Nachhaltigkeit Chancen und werde zudem in der Post-Covid-Ära weiter an Bedeutung zulegen. Wichtig sei dabei, Nachhaltigkeit als zentralen Bestandteil der Unternehmens­strategie zu implementieren und verbindliche, messbare Ziele zu schaffen, welche regelmäßig überprüft und aktualisiert werden sollten. Evonik erreicht dies beispielsweise durch die Einführung einer internen CO2-Bepreisung oder auch durch die umfängliche Messung und Bewertung von Nachhaltigkeits­chancen und -risiken des Produktportfolios.

Wie nachhaltiges Marketing heutzutage bei Reckitt funktioniert, zeigte Xenia Barth, Regional Director DACH Nordics der RB Hygiene Home Deutschland GmbH in ihrem Vortrag „Purpose-Led Marketing“. Nachhaltige Marken zu schaffen, heiße für das Unternehmen vor allem Purpose für Kunden zu kreieren. Anhand anschaulicher Case Studies legte Frau Barth dar, dass das Nachhaltigkeits­engagement eines Unternehmens in einem engem Verhältnis mit dem Produkt stehen sollte, das nicht einfach austauschbar ist. Zusammenfassend solle die Kraft der Marken nicht nur zu einer positiven gesellschaft­lichen Entwicklung beitragen, sondern auch Talente binden, Wachstum ermöglichen, und letztendlich langfristigen Erfolg sichern.

Neben Weltkonzernen wie Evonik und Reckitt spielt Nachhaltigkeit auch im deutschen Mittelstand eine immer wichtigere Rolle. So ging Marcel Kiessling, Geschäftsführer für Vertrieb und Service bei der Gerhard Schubert GmbH in seinem Vortrag „Nachhaltigkeit im Mittelstand – Überzeugung und Zukunfts­chancen“ auf die neuen Anforderungen und Veränderungen für ein mittelständisches Unternehmen ein. Früher noch als „nice-to-have“ angesehen, sei Nachhaltigkeit heute im umkämpften Markt ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Und es sei absehbar, dass sich diese Entwicklung noch beschleunigen wird. Die Gerhard Schubert GmbH sehe es jedoch ohnehin als eine Selbstverpflichtung an, sich nachhaltig und zukunfts­orientiert aufzustellen. Eine erfolgreiche Implementierung erfordere dabei starke Partnerschaften mit Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern.


Zu Beginn des Nachmittags verlieh das IMU bereits zum 10. Mal in Folge den „IMU Research for Practice Award“ für wissenschaft­lich ausgezeichnete Dissertationen mit hoher Praxisrelevanz für die markt­orientierte Unternehmens­führung. Sponsor Matthias Ginthum, Mitglied der Geschäftsführung der BSH Hausgeräte GmbH, überreichte den Award an die diesjährige Gewinnerin, Frau Melanie Clegg, die an der Universität Luzern forscht. In ihrem Kurzvortrag erklärte sie anschaulich die zentralen Implikationen ihrer Studien über die Aus­wirkungen der Gestaltung von Algorithmen auf das Kunden­verhalten.


Kurz darauf zeigte Ralf Klöpfer, Vorstands­mitglied des Mannheimer Energie­unternehmens MVV Energie AG, dass Marketing immer kunden­fokussierter wird, beispielsweise indem gemeinsam Lösungen für individuelle Probleme geschaffen werden. Dabei biete die Dekarbonisierung eine zentrale Wachstums­chance und sei gefragter denn je. Dennoch erfordere der Umbruch zur Nachhaltigkeit das Engagement und die Förderung des gesamten Managements sowie einen klaren Kulturwandel im Unternehmen. Dies ist insbesondere aufgrund der großen Veränderungen erforderlich, die die MVV Energie vollzieht: Um in Zukunft ohne Kohle „Kohle“ machen zu können, verzichtet das Unternehmen auf den Bau neuer fossil betriebener Heizkraftwerke und will bis 2040 nicht nur klimaneutral, sondern sogar klimapositiv sein.

Einen gelungenen Abschluss bildete der Vortrag von Annette Wagner, Leiterin der Zentralstelle Nachhaltigkeit und Ideenschmiede der Robert Bosch GmbH. Dass Nachhaltigkeit für Bosch kein kurzfristiger Hype, sondern ein langfristiges Kernthema sein wird, beweist das Unternehmen etwa durch mittlerweile 400 Standorte, welche CO2-neutral betrieben werden. Bosch strebe dabei einen zirkulären Produkt- bzw. Materialkreislauf in- und außerhalb des Unternehmens an und versuche so einen positiven Beitrag in der Wertschöpfungs­kette zu leisten. Dabei verfolge Bosch aktiv die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen und habe für jede Dimension qualitative und quantitative Ziele definiert. Frau Wagner hob hierbei hervor, dass Nachhaltigkeit auch bei der Finanzierung neuer Projekte eine immer wichtigere Rolle spielt. So müssen mittlerweile diverse „grüne Investmentkriterien“ erfüllt und die Nachhaltigkeit im Produktportfolio nachgewiesen werden, um ein Investment durchzuführen.

Die Frühjahrstagung 2022 des Mannheimer Instituts für Markt­orientierte Unternehmens­führung unter dem Titel „Marketing und Vertrieb im Zeichen der Nachhaltigkeit“ fand am Donnerstag, den 31. März 2022 im Rittersaal Barockschlosses Mannheim statt. Insgesamt nahmen rund 130 Teilnehmer aus Wissenschaft und Wirtschaft teil, die an aktuellen Fragestellungen des Marketing und Vertriebs interessiert sind. Die nächste IMU Frühjahrstagung wird am 23. März 2023 stattfinden.

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