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All you need is love

- Birgit Gutzer –

Die eigene Fähigkeit Partnerschaften aufzubauen bestimmt den Selbstwert.

Wer kennt nicht den weltbekannten Song von den Beatles „All you need is love“? Die Botschaft ist einfach: Liebe ist alles, was man zum Leben braucht. Aber stimmt das denn? Kann es nicht auch sein, dass Freunde und Familie eine fehlende Partnerschaft ersetzen können oder zumindest dazu beitragen, dass der eigene Selbstwert nicht davon beeinträchtigt wird? Eine aktuelle Forschungs­arbeit von Jessica Pass und Kollegen legt nahe, dass allein die Über­zeugung man sei nicht in der Lage jetzt oder in Zukunft einen Partner beziehungs­weise eine Partnerin zu finden das aktuelle Selbstwertgefühl mindert.

Das aktuelle Selbstwertgefühl hängt unter anderem davon ab, ob und wie stark man in soziale Beziehungen eingebunden ist: Werden Menschen von anderen akzeptiert, so steigt das Selbstwertgefühl; werden sie zurückgewiesen, so sinkt es. Die Forschungs­gruppe um Jessica Pass nahm an, dass dies besonders dann der Fall sei, wenn es um das Herstellen und Aufrechterhalten von Liebesbeziehungen geht.

In einer ersten Studie bekamen Studierende der Universität Groningen entweder ein negatives Feedback bezüglich ihrer Fähigkeit eine Partnerschaft aufzubauen, oder bezüglich ihrer Fähigkeit eine Freundschaft zu knüpfen. Anschließend wurden die Selbsteinschätzungen der eigenen sozialen Fähigkeiten und des Selbstwerts erfasst. Es zeigte sich, dass das aktuelle Selbstwertgefühl nach einer Zurückweisung im Partnerschafts­bereich am niedrigsten war. Aus einer evolutionären Perspektive kann dieser stärkere Zurückgang im Partner- als im Freundschafts­bereich damit erklärt werden, dass ein Partner bzw. eine Partnerin für die Fortpflanzung wichtiger ist als Freunde. Im Gegensatz zum aktuellen Selbstwertgefühl bleibt der Glaube an die eigenen sozialen Fähigkeiten aber auch nach negativem Feedback unverändert und scheint daher robuster zu sein als das aktuelle Selbstwertgefühl. Auch das erscheint aus evolutions­theoretischer Sicht plausibel, denn auch nach einer Zurückweisung sollte die Motivation erhalten bleiben, einen neuen Kennenlernversuch zu unter­nehmen.

In einer weiteren Studie wurden mögliche Geschlechts­unter­schiede unter­sucht. Die Studierenden erhielten entweder eine negative Rückmeldung bezüglich ihrer Fähigkeit eine Partnerschaft aufzubauen auf Grund von vorgeblich fehlender körperlicher Attraktivität oder auf Grund von fehlendem Status und einem Mangel an Kompetenz.

Die Ergebnisse zeigen, dass bei Frauen der Selbstwert vor allem dann absinkt, wenn sie glauben der Grund für die Zurückweisung sei auf mangelnde körperliche Attraktivität zurück zu führen. Der Selbstwert von Männern wird hingegen v.a. dann bedroht, wenn sie als Ursache einen Mangel an Status und Kompetenz annehmen.

Diese Ergebnisse bieten eine mögliche Erklärung dafür, dass Frauen in Online-Kontaktbörsen gerne Profilschwindel in Bezug auf ihre Attraktivität betreiben, während Männer eher den eigenen Berufsstand aufpolieren. Jedoch muss bei der Interpretation berücksichtigt werden, dass in der Studie nur junge Erwachsene befragt wurden. Die Ergebnisse könnten bei anderen Alters­gruppen auf Grund unter­schiedlicher Wichtigkeit von Beziehungen im Vergleich zu Freundschaften anders aussehen.

Pass, J. A., Lindenberg, S. M. & Park, J. H. (2009). All you need is love: Is the sociometer especially sensitive to one’s mating capacity? European Journal of Social Psychology, 40, 221–234.

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