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Hochmütige CEOs vermeiden Änderungen bei den übergreifenden Zielen von ihren Firmen

Blog Beitrag von Marc Kowalzick, Post-Doc Forscher am Lehr­stuhl für Mittelstandsforschung und Entrepreneurship

 

Hochmütige CEOs vermeiden Veränderungen in den übergreifenden Ziele ihrer Firmen

Marc Kowalzick, Postdoktorand an der Universität Mannheim, Business School

Der Begriff Hybris kommt ursprünglich aus der griechischen Mythologie und wurde oft als die größte Sünde der Menschheit bezeichnet (Wiener,1973). Als solche führte sie dazu, dass die Menschen die Götter herausforderten, was oft zum Untergang oder zur Bestrafung führte – ein Thema, das in vielen antiken griechischen Sagen vorkommt. Übermäßig selbstbewusste, anmaßende, blindlings ehrgeizige oder anderweitig demütige Menschen wurden in den griechischen Mythen von den Göttern niedergestreckt. Bekannte Beispiele dafür wären Arachne eine Weberin, die behauptete, sie sei talentierter als die Göttin Athena und deshalb in eine Spinne verwandelt wurde oder auch Ikarus, dessen Untergang kam nachdem er zu nah zur Sonne flog.

 In der heutigen Zeit hat sich der Begriff weiterentwickelt und bedeutet nun eher ein Übermaß an Selbstbewusstsein und eine Überschätzung der eigenen Fähigkeiten.  Hybris kann dazu führen, dass die Entscheidungs­prozesse eines Individuums beeinflusst werden, sodass sie im Vergleich zu  ihren Mitarbeiter:innen herausstechen. Allerdings führt es auch dazu, dass sie ihre eigenen Grenzen und Schwächen nicht selbst erkennen können. 

In unserer Arbeit haben wir uns an der Definition in Websters Wörterbuch orientiert, bei der Hybris als übertriebener Stolz oder Selbstvertrauen definiert wird, was oft negative Konsequenen nach sich zieht.

Was könnte aber passieren, wenn solche übermäßig selbstbewussten Individuen Machtpositionen, wie z.B. die des CEO erreichen würden?

Zusammen mit Moritz Appels, ehemals Doktorand der Universität Mannheim und nun Habilitand an der Rotterdam School of Management, beschäftigten wir uns mit der Frage, ob hochmütige CEOs dazu geneigt sind die übergreifenden Ziele ihrer Firmen zu ändern oder nicht.

Wir verwendeten einen Panel-Datensatz von ca. 1200 S&P CEOs, wobei deren Hybris-Level gemessen sowie gut-etablierte Indikatoren für strategischen und sozialen Wandel beurteilt wurden: Wandel in der Ressourcen- Diversifikation, Änderungen der Business Segmente, Unternehmens­umstrukturierung und Veränderungen im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum Top Management  Team (TMT). Das TMT bezieht sich auf die den CEOs am nächsten stehenden Führungs­kräfte mit denen sie regelmäßig und intensiv interagieren.

Wir haben festgestellt, dass Hybris bei CEOs zu einer mangelnden Bereitschaft führte sowohl strategische Veränderungen in ihren Firmen als auch bei der TMT Mitgliedschaft durchzuführen. Die überhöhte Selbsteinschätzung eines hochmütigen CEOs zeigt sich demnach nicht nur in der Verfolgung anspruchsvoller strategischer Aktivitäten, was in der Literatur gut dokumentiert ist, sondern auch in einer Vorliebe für Beständigkeit, die ihren Einfluss auf die übergreifenden Ziele des Unternehmens reguliert.

Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass sich hochmütigere CEOs regelmäßig zu herausfordernden strategischen Aktivitäten, unsicheren Investitionen, gewagten Innovations­projekten und risikoreichen Produkteinführungen hingezogen fühlen und eher zu Übernahmen bereit sind.

Unter Berücksichtigung der vorherigen Forschungen deuten unsere Ergebnisse daraufhin, dass eine Vorliebe für anspruchsvolle strategische Aktivitäten nicht auf die Änderungen übergreifender Ziele der Firma und der TMT übertragbar ist. Das Gegenteil ist der Fall. CEOs mit einem übermäßigen Selbstbewusstsein zeigen eher eine Vorliebe für Beständigkeit in Bezug auf die übergreifenden Ziele des Unternehmens.

Ein Grund dafür könnte sein, dass CEOs mit einem hohen Maß an Hybris wenig Grund sehen, die bestehenden organisatorischen Wege unter ihrer Führung zu hinterfragen und anzupassen. Sie sind der Meinung, dass sie die bereits etablierten Vorgehensweisen meistern können.

Obwohl hochmütige CEOs also herausfordernde strategische Aktivitäten verfolgen, halten sie sich von großen organisatorischen Veränderungen, wie z. B. Umstrukturierungen des Unternehmens, Verlagerung von Ressourcen auf Geschäftseinheiten oder die TMT-Zusammensetzung des Unternehmens, eher zurück.

Unsere Untersuchungen haben Aus­wirkungen für Forschungen im Bereich des strategischen Managements und der Organisations­wissenschaft. Erstens leisten sie einen Beitrag zur Erforschung der oberen Führungs­ebene (upper echelons), indem sie die Frage klären, ob  CEOs mit Hybris Veränderungen oder Beständigkeit bevorzugen, und indem sie sowohl strategische Veränderungen als auch Veränderungen der TMT-Mitgliedschaft als zentrale Mechanismen hervorheben, durch die hochmütige CEOs ihre Unternehmen beeinflussen. Die Upper-Echelons-Theorie ist eine Management­theorie, die besagt, dass die Ergebnisse einer Organisation teilweise durch die Merkmale der oberen Führungs­kräfte bzw. des geschäftsführenden Hintergrunds vorausgesagt.

Durch unsere Studie wird auch die Forschung über strategische Führung und die Voreingenommenheit von Manager:innen erweitert, indem die Grundlagen von CEO Hybris ganzheitlich repräsentiert werden. Insbesondere der Nachweis, dass CEOs mit mehr Hybris in Bezug auf die strategische Ausrichtung und die TMT-Zusammensetzung der Unternehmen konstant bleiben, obwohl sie dazu neigen, größere strategische Aktivitäten zu verfolgen, widerspricht der Annahme, dass diese Aktivitäten definitiv zu Veränderungen in den übergreifenden Zielen eines Unternehmens führen werden.

Aufbauend auf dieser Studie könnten künftige Forschungs­arbeiten untersuchen, wie unsere Ergebnisse der Gestaltung von Anreiz­systemen für CEOs zugute kommen. In Anbetracht der inhärenten Risikoaffinität von CEOs, wenn es um die Verfolgung anspruchsvoller strategischer Aktivitäten geht, könnte die größte Herausforderung bei der Schaffung von Anreizen für hochmütigere CEOs nicht unbedingt darin bestehen, unangemessenen Risiken entgegenzuwirken.

Die Gestaltung von Anreiz­systemen, die die Vorliebe von hochmütigen CEOs für Beständigkeit regulieren und gleichzeitig ihre inhärente Tendenz zu riskanten strategischen Aktivitäten berücksichtigen, scheint eine nützliche Anwendung unserer Er­kenntnisse in Bezug auf die Vergütung von CEOs zu sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unsere Studie die Idee unterstützt, dass eine Vorliebe für Beständigkeit als ein wichtiger Aspekt der Hybris von CEOs angesehen werden sollte.

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